Rechtsfall





haus
16.Oktober 2010 "Rosenhaus", Bi de Süd 26, Nieblum auf Föhr

Das Rosenhaus wurde am 8. Oktober 2010 ohne Wissen der Erben von der Testamentsvollstreckerin RAin und Notarin K. H. in Wyk auf Föhr an die Immobiliengesellschaft M. in Nieblum auf Föhr für 335 000.- Euro verkauft.
Die Erben erfahren durch Zufall am 12. Januar 2011, dass seit dem 27. Dezember 2010 ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.

Ist es in Deutschland möglich, daß ein Testamentsvollstecker ohne Information oder Absprache mit den Erben, ohne öffentliche Ausschreibung, ein Haus verkauft, das nach dem Wunsch der Erblasser in der Familie verbleiben soll?
Ja, ein Testamentsvollstrecker darf dies nach deutschem Gesetz!
So werden die Erben von den deutschen Gerichten belehrt.

CHRONOLOGIE

1996
das Ehepaar Zumpe Hans-Georg und Johanne Zumpe erstellt sein Testament bei einem Notar in Wyk auf Föhr.
Der Sohn Helmut erhält den lebenslangen Nießbrauch zugewendet. Danach sollen es seine Geschwister oder ihre Abkömmlinge erhalten.
Sie ordnen Testamentvollstreckung an.

05. August 2001
stirbt Hans-Georg Zumpe

12. Juni 2004
Johanne Marie Cäcilie Zumpe, geb. Ritter verstirbt

August 2004
Frau G. wird als Testamentsvollstreckerin eingesetzt, legt aber aus persönlichen Gründen ihr Amt nieder.

21. März 2006
Rechtsanwältin H. wird vom Amtsgericht Niebüll als Testamentsvollstreckerin bestallt.

2010
Rechtsanwältin H. wird von der Rechtsanwalts- und Notarkammer Husum zur Notarin bestallt.

08. Oktober 2010
Kaufvorvertrag in Hamburg ohne Vorlage eines Erbscheins und ohne Einwilligung der Erben, bei einem der Immobiliengesellschaft M. bekannten Notar. Das Rosenhaus wird für 335.000,- Euro verkauft.
Es soll "besenrein und ohne Bewohner" zum 31.12.2010 übergeben werden.

11. Oktober 2010
Helmut Zumpe wird in die Fachklinik in Breklum eingewiesen.

12. November 2010
Helmut Zumpe begeht Selbstmord.
Er sollte am 22. November aus der Klinik entlassen werden. Ob er vom Verkauf des Rosenhauses erfahren hat, ist ungewiß.

23. November 2010
Einen Tag vor der Beerdigung, werden die Erben von der Testamentsvollstreckerin gefragt, wie sie sich die Aufteilung des Erbes vorstellen und was sie mit dem Rosenhaus vorhaben.

24. November 2010
Am Tag der Beerdigung von Helmut Zumpe, informiert die Testamentsvollstreckerin H. die Frau K. vom Grundbuchamt in Niebüll, daß sie das Rosenhaus verkaufen wird.

1. Dezember 2010
Anpassung des Kaufvertrages in Hamburg, Immobilienmakler S. und seine vollmachtlose Lebensgefährtin K. unterschreiben.

27. Dezember 2010
Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch, Grunderwerbskosten sind bezahlt.

12. Januar 2011
die Erben erfahren durch Zufall beim Grundbuchamt in Niebüll, dass ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.

21. Januar 2011
Die Kaufverträge werden von der Testamentsvollstreckerin H. zugesandt. Die Erben fordern sofort mit Rechtsbeistand die Rückabwicklung des Kaufvertrages, was nicht geschieht.

16. Februar 2011
mit der Entkernung des Rosenhauses wird begonnen.

25. Februar 2011
die Fenster werden zugehängt.

18. März 2011
zwei Damen von der unteren Denkmalschutzbehörde besichtigen das beinahe vollkommen entkernte Rosenhaus.

09. Juni 2011
Die Immobiliengesellschaft in Nieblum verkauft das Rosenhaus als Bauruine für 395 000,- Euro an die Schweizer Firma T. in Diepoldsau.
Sonderbedingungen zwischen den Firmen T. und M. werden ausgehandelt:
Der Schweizer Firma wird u. a. der Kaufpreis gestundet.

September 2013
Das Rosenhaus wird von einer renommierten Immobiliengesellschaft als Angebot des Monats für 1.485.000,- Euro im Internet angeboten.

Januar 2014
Das Rosenhaus wird im Internet von einer renommierten Immobiliengesellschaft für 1.650.000,- Euro zum Kauf angeboten.

November 2014
Die Schweizer Firma T. verkauft das Rosenhaus.

2. September 2015
Nach fast 5 Jahren gerichtlicher Auseinandersetzungen vor dem Landgericht Flensburg geben die Erben resigniert auf, ihr Elternhaus, das Rosenhaus in Nieblum, zurück zu bekommen.

EPILOG - in memoriam Helmut Zumpe
Es war ein kalter Novembertag. Er hörte und sah den Zug, der auf den Schienen ihm entgegen kam. Er ging auf die Schienen, stehend, aufrecht, auf das Heranbrausen des Zuges wartend..... Er hatte wie zuvor an jedem Tag sich seine fünf Euro für die Zigaretten aushändigen lassen und war in aller Ruhe, scheinbarer Ruhe gegangen, erst zum Kiosk, dann zum Bahndamm. Er sollte die Klinik in 10 Tagen verlassen. An diesem 12. November 2010 verließ er sie für immer. Man wollte ihm alles nehmen. Er sollte in "seinem" Rosenhaus, dessen Niesbrauch ihm von den Eltern zugewendet war, nicht mehr wohnen. Als er dies erfuhr, dass er nur noch vorübergehend dort wohnen dürfe, hatte er geschrien, entsetzt aufgeschrien. Man hatte ihn beruhigt, so erzählte später eine Patientin. Ob er erfahren hatte, dass das Rosenhaus einen Monat zuvor bereits verkauft worden war - heimlich hinter dem Rücken der Erben-, wir wissen es nicht. Hat er geschlafen? Was hat er gedacht? Wir wissen es nicht. Es ist vielleicht besser, wenn man es nicht weiß. Nun war er aufgestanden, wie der Klinikablauf es verlangte, hatte funktioniert. Keiner merkte ihm etwas an. Er ging, wie jeden Tag, um am Kiosk seine Zigaretten zu holen. Was für ein Gang! Selbst seinen schlimmsten Feinden kann man diesen nicht wünschen. Und er ging weiter, der Zug von seiner Insel musste kommen, und dem wollte er sich stellen. Ein Gedanke an den Lokführer? die Eltern? die Geliebte? Verloren, verlassen und leer, einfach leer. Nicht krank, sondern bewusst und klar. Alles war ihm genommen, seinen schrecklichen, verzweifelten freien Willen hatte er behalten, und den nahm er sich, aufrecht stehend. So endet eine Geschichte, die sich vor fast fünf Jahren ereignete. Sie hat noch immer ihre Nachwirkungen. Nicht nur Helmut, auch die Erben verloren das Rosenhaus. Der Schmerz bleibt. In den Märchen gibt es gute und böse Menschen. Man weiß, wer die Hexe ist und wer die Prinzessin ist, das Ende geht gut aus. Doch diese Geschichte ist kein Märchen. Es ist eine Geschichte aus unserer Zeit, in der die menschlich-moralischen Werte verloren gegangen sind.