Testamentsvollstreckung



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WARNUNG vor TESTAMENTSVOLLSTRECKUNG

Nehmen wir ein naheliegendes Beispiel. Die Eltern haben vier Kinder. Drei von ihnen leben in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen, wobei zwei von ihnen verheiratet sind und selbst Kinder haben. Um das vierte, das jüngste Kind machen sie sich Sorgen. Die Eltern handeln vorausschauend und verfassen weit vor ihrem Lebensende ein gemeinschaftliches Testament. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf ihr viertes und jüngstes Kind, das unverheiratet und kinderlos ist. Sie übertragen ihm den lebenslangen Nießbrauch an ihrem Wohnhaus und an der wirtschaftlichen Nutzung eines unbebauten Grundstücks. Außerdem verfügen sie zwei geldliche Auflagen zur wirtschaftlichen Absicherung. Ihre anderen drei Kinder setzen sie als Erben zu gleichen Teilen ein. Am Ende ihres Testaments begründen sie ihren Kindern, warum sie in dieser Weise verfügen: „Unser Testament haben wir jetzt so abgefaßt, weil mit Ausnahme unseres jüngsten Kindes H. alle unsere anderen Kinder versorgt sind, sie oder ihre Abkömmlinge letztlich den gesamten Nachlaß erhalten, wobei es unserem kinderlosen Sohn G. natürlich freisteht, über sein Erbe gesondert zu verfügen, auch wenn wir ihm nur nahe legen, das Erbe in der Familie zu lassen.“ Die Eltern denken, es ist besser, wenn sie eine neutrale Person mit der Ausführung ihrer letztwilligen Verfügungen beauftragen und ordnen Testamentvollstreckung an.

Sie müssen es sich gut überlegen, ob Sie in Ihrem Testament eine derartige Anordnung treffen.
Auch eine wohlwollend angeordnete Testamentsvollstreckung kann mehr schaden als nutzen.


Die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers sind:

1. die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen

2. die Auseinandersetzung unter den Erben zu bewirken und die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören

3. den Nachlass zu verwalten
Der Testamentvollstrecker ist insbesondre berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen.

4. die Ermittlung der Erben, ggf. unter Inanspruchnahme des Nachlassgerichts

5. die sofortige Konstituierung des Nachlasses, d. h. Bargeld, Aktien, Schulden, Wertgegenstände, Grundstücke, Möbel etc. festzustellen und zu notieren

Ein Testamentsvollstrecker in dieser Republik hat mehr Rechte als ein normaler Bürger mit gesundem Menschenverstand denkt. Wenn er alles heimlich verkauft, müssen sich die Erben damit abfinden. Auch Grundstücke darf er heimlich hinter dem Rücken der Erben veräußern. Nicht etwa aus Not, um Nachlassverpflichtungen zu erfüllen oder Schulden des Erblassers zu tilgen, nein, er kann es einfach an jemanden veräussern, weil ihm dieser sehr nahe steht. Z. B.: hatte der Nachbar schon immer ein Auge auf das Grundstück geworfen, aber die Erblasser wollten nicht verkaufen, sondern es nach ihrem Willen in der Familie erhalten; jetzt ist für den Nachbarn die Gelegenheit gekommen, zumal ihm der eingesetzte Testamentvollstrecker nahe steht. Die Einholung von Angeboten auf dem Immobilienmarkt ist nicht erforderlich.
Es ist auch nicht von Belang, ob die falschen Erben im Kaufvertrag stehen oder ein Erbschein beim Vertragsabschluss vorliegt.

In einem Gerichtsurteil (10.05. 2011) des Landgerichts Flensburg wurden die Erben belehrt, Zitat:
“... ist ohne Bedeutung, ob der Vertrag mit oder ohne Kenntnis der Erben geschlossen wurde..."

Die Rechte eines Testamentsvollstreckers gehen soweit, dass er mit dem Erbe umgehen kann, als sei es sein Eigentum.
Wenn zum Beispiel der "Rembrandt" an einen Liebhaber oder Galeristen verkauft wird, bekommt der Erbe schliesslich Geld dafür. Was? der „Rembrandt“ sei viel zu billig verkauft worden, bei einer Auktion wäre ein viel höherer Preis zu erzielen gewesen? Pech für den Erben! Das müsse er erst einmal beweisen.

Ein Testamentsvollstrecker hat das Recht, nach eigenem Ermessen zu handeln. Er braucht seine oben genannten Pflichten nicht zu erfüllen. Er muss keine Sanktionen befürchten.
Alles was ihm droht, ist seine Entlassung, z. B. weil er die Erben von dem beabsichtigten Verkauf nicht vorher informiert hat. Das ist jedoch ein langwieriges Verfahren vor dem Nachlassgericht und bei Widerspruch des Testamentvollstreckers vor dem Oberlandesgericht.

Auch bei seiner Entlassung verliert der Testamentvollstrecker nicht unbedingt seinen Anspruch auf Honorar.

Das anfänglich beschriebene Beispiel ist unser Fall. Wir haben derart negative Erfahrungen gemacht, dass es schon eine Groteske ist. Als meine Eltern ihr Testament mit Hilfe eines Notars aufstellten, handelten sie bei der Anordnung der Testamentvollstreckung im vollsten Vertrauen auf die Beratung des Notars. Im Testament heißt es, Zitat:
“Es soll Testamentsvollstreckerschaft angeordnet werden. Wir beantragen ausdrücklich, Testamentvollstreckervermerke in die Grundbücher eintragen zu lassen.“
Weitergehende Anordnungen zur Testamentvollstreckung wurden nicht verfügt.

Das Nachlassgericht beim Amtsgericht Niebüll setzte die Rechtsanwältin H. als Testamentsvollstreckerin ein. Später wurde sie sogar zur Notarin bestallt. Sie veräusserte unser Rosenhaus heimlich an die Immobiliengesellschaft M.. Der Käufer hat ihr mit Krediten über die Runden geholfen, sie stand bei ihm in der Schuld. Sie vermied es bewusst, auf dem Immobilienmarkt Angebote einzuholen, weil die Verkaufsabsicht sonst dem Nießbraucher und den Erben bekannt geworden wäre.

Unser Bruder H. war psychisch erkrankt. Er stand unter amtlich angeordneter Betreuung. Für unseren Bruder war das Rosenhaus sein "Ein und Alles". Auch seine Betreuerin hatte keine Ahnung von dem Kaufgeschäft. Nach dem Willen des Käufers sollte das Rosenhaus innerhalb von drei Monaten "besenrein und ohne Bewohner" an ihn übergeben werden, d. h. die Testamentvollstreckerin sollte darauf hinwirken, dass unser Bruder auf den Niessbrauch verzichtet und aus dem Haus auszieht.

Unser Bruder H. nimmt sich einen Monat nach Kaufabschluss das Leben. Ob er vom Verkauf erfahren hat, ist unklar; aber nun ist der Deal perfekt. Die Erben ahnen nichts, werden sogar bewusst von der Testamentsvollstreckerin auch nach seinem Tod getäuscht, die Veräusserung an die Immobiliengesellschaft M. verschwiegen.

Wir stehen sprachlos da, als wir rein zufällig vom Verkauf hören.

Ist das alles möglich in Deutschland? Ja!

Die Immobiliengesellschaft M. hat das Rosenhaus schnell weiterverkauft an eine schweizer Firma, um es dem Zugriff der Erben zu entziehen. Denn sie darf sich auf den gutgläubigen Erwerb berufen.

So geschehen in Nieblum auf der idyllischen Insel Föhr.


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